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Fritz Kortner



Frauenehre (1918) 
A1918 Regie: Georg Kundert Buch: Ida Jenbach Produktion: Leyka-Film Darsteller: Grete Lundt, Fritz Kortner, Josef Reithofer, Heinrich Butcher Länge: 1600 Meter Format: 1.1,33, stumm, s/w, viragiert Restaurierung: Filmarchiv Austria 2002/2003 Gesprengte Erzählung, begrenzende Moral Was ist geschehen? Und an welche Grenzen stößt das Verhalten? Philipp von Martens kehrt überstürzt von einer Reise aus Kairo zurück. Sein Freund, Baron Felsen, wurde des Mordes an einem Wucherer angeklagt. Martens hat davon in der Zeitung erfahren und will nun dem Freund beistehen. Sein erster Weg führt ihn in eine Anwaltskanzlei. Indizien werden vorgelegt, Zeugenprotokolle, die Felsen eindeutig belasten. Frauenehre verlässt zum ersten Mal das Lineare der Geschichte, sprengt die Narration. Der Film bricht in die Vergangenheit auf, visualisiert die Zeugenaussagen, stellt ein Puzzle des vermeintlichen Tathergangs zusammen. Die Fakten lassen ein stimmiges Bild entstehen. Der vermeintliche Mörder kannte den Toten, war ihm Geld schuldig. Das Projektil passt zur Waffe des Verdächtigen und   wie der Forsthüter zu Protokoll gegeben hat   in der Brieftasche des Toten fehlten einzig die Wechsel von Felsen. Selbst der Anwalt muss sich dieser Beweislast beugen. Felsen gilt als schuldig. Doch faktische Nüchternheit reicht nicht aus, um Verbrechen zu klären. Es bedarf weiterer Perspektiven: Gefühle kommen ins Spiel, moralische Handlungsanleitungen, der Druck des schlechten Gewissens. Langsam zeigt sich, auch Martens hat mehr mit dem Fall zu tun, als es anfänglich schien. Er handelt aus Freundespflicht, aber auch aufgrund eines Mehrwertes an Wissen. Er bittet eine alte Freundin, Renate von Bellau, um eine Unterredung. Sie gewährt zögernd ein Zusammentreffen, denn Martens und Renate verbindet eine Geschichte, die die Frau kompromittieren würde. Erneut öffnet Frauenehre eine Schleife in die Vergangenheit. Diesmal jedoch nicht entlang objektiver Befunde, sondern subjektiver Empfindungen. Die letzte Nacht vor Martens Abreise wird erinnert und in Bilder übersetzt. Martens besucht seine Jugendliebe Renate, um sich zu verabschieden. Er nutzt dazu einen Geheimgang. Die Frau, inzwischen Gattin des Gerichtspräsidenten, ist aufgewühlt, hin- und hergerissen, von der Situation überfordert. Ihr krankes Kind führt die Entscheidung herbei. Renate eilt an das Kinderbett. Martens versucht die Villa zu verlassen, doch die Tür ist versperrt. Auf der Suche nach einem Ausweg, klettert Martens auf den Balkon und wird Zeuge eines Mordes. Der Forsthüter erschießt den Wucherer. Martens schweigt, um die Ehre von Renate zu retten. Ein Verhalten, das Konventionen schützt und helfen soll, Zeit zu gewinnen. Fakten, Gefühle, Moral. Im Widerstreit dieser Bereiche sitzt ein Unschuldiger im Gefängnis, verurteilt zu zwanzig Jahren Kerker. Sein Glaube an die Gerechtigkeit ist gebrochen, er verzweifelt. Ein anderer leidet an der Erinnerung und an unterdrücktem Wissen. Der Forsthüter vernachlässigt seine Arbeit, sitzt zuhause und trinkt. Die Stränge der Geschichte beginnen sich eng zu verflechten. Der Gatte von Renate ist der zuständige Richter in der Causa Felsen, das kränkliche Kind ist seine Tochter und selbst der Wildhüter ist Angestellter auf seinem Anwesen. In diesem Mikrokosmos wird aus Frauenehre, der sich als Kriminalfilm anlässt, ein Gesellschaftsdrama, ein moralischer Diskurs. Die Grenzen des Genres werden fließend. Martens verbleibt kaum Zeit, um seinen Freund zu retten. Er nimmt den Mord auf sich. Der Anwalt und der Richter zweifeln an dieser Version. Martens wird in der Villa Bellau verhört. Sowohl Renate als auch den Wildhüter macht das Verhörsetting unruhig. Was erzählt Martens? Er schweigt über den tatsächlichen Hergang. Doch das schlechte Gewissen löst Zungen. Der Wildhüter gesteht den Mord. Der Film nutzt erneut die Technik der Rückblende. Eine dritte Perspektivierung des Tathergangs zeigt das wahre Motiv: Eifersucht. Auch Renate beginnt zu reden. Sie berichtet ihrem Mann von der Nacht mit Martens. Sie fleht um Nachsicht und der Richter verzeiht. Frauenehre sprengt mittels seiner raffinierten Flash-back-Struktur narrative Muster. Was geschehen ist, setzt sich langsam aus verschiedenen Bausteinen und Interpretationen zusammen. Die Wahrheit wird krisenanfällig. Doch die Moral stützt umso nachhaltiger den Rahmen des Handelns auf der Leinwand. (Elisabeth Büttner) Als eines der ganz wenigen Exemplare eines Films der Kaiserzeit ist Frauenehre in der kompletten Zensurlänge erhalten geblieben. Bei dieser jüngsten Filmarchiv-Austria-Restaurierung wurde auf Basis der Umkopierung des Nitrofilm-Originals die ursprünglich Farbigkeit des Films mit Hilfe der authentischen handwerklichen Färbemethode wieder hergestellt. Mit Frauenehre (Ö 1918) hat das Filmarchiv Austria einen vollständig erhaltenen österreichischen Beitrag zum Genre des Detektivfilms restauriert. Als Bösewicht brilliert Fritz Kortner, das Drehbuch stammt von Ida Jenbach. Im Vergleich dazu wird mit DER WÜRGER DER WELT (D 1919) die ebenfalls im Filmarchiv überlieferte früheste Regiearbeit von Ewald André Dupont aus der 1918 1920 lancierten Max-Landa-Detektiv-Serie im Stadium der Restaurierung gezeigt.   http://filmmusik.at/ http://filmmusik.at/English/Gerhard-Gruber-Silentfilm-English.html http://filmmusik.at/Stummfilmpianist/Gerhard-Gruber-Stummfilmpianist.html